Schönhengster Tracht

Schönhengster Tracht


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Der Schönhengst ist ein Bergrücken in Tschechien der dieser Landschaft seinen Namen gab. Wenn man von Olmütz nach Norden fährt erreicht man bei Müglitz die ersten Schönhengster Dörfer. Die Deutschen Siedler kamen im 13. Jahrhundert in die unbewohnten Wälder der Böhmisch-Mährischen Höhe. Bis 1946 war der Schönhengst die größte deutsche Sprachinsel in Mähren. Hier lebten bis zur Vertreibung über 120.000 Deutsche in etwa 130 Orten. Der Schönhengst bildete zu keiner Zeit eine politische, kirchliche oder geographische Einheit. Die Dörfer und Städte gehörten zu verschiedenen Grundherrschaften, die z.T. über die Sprachinsel hinausgriffen und Dörfer mit tschechischer Mehrheit einschlossen. Das traf auch für die Kreise zu, die nach 1846 die Grundherrschaften ablösten. Das war bei den Pfarreien nicht anders, die oftmals fremdherrschaftliche oder Dörfer mit tschechischer Mehrheit mit den deutschen Dörfern in einer Pfarre vereinigten, was besonders für die Randbereiche der Sprachinsel zutrifft.



The Schönhengst is a mountain ridge in the Czech Republic, who gave its name to this landscape. When traveling from Olomouc to the north you reach the first villages of Schönhengst near Müglitz. Until 1946, the Schönhengst was the largest German-speaking enclave in Moravia. The Germans settled here mainly in the 13th century nd cultivated the uninhabitated forest. Here lived until the expulsion over 120,000 Germans in about 130 villages. The Schönhengst formed a political, religious or geographic unit at any time. The villages and towns were part of dominions, that included part out of the Schönhengst and included was well villages with Czech inhabitants. This was also true for the districts, which replaced the dominions after 1846. The parishes often included villages of different dominions or villages with Czech majority united with the German villages in that parish, which is the case particularly for the border areas of the linguistic island.


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Detail einer Schönhengster Frauentracht

Spätestens an dieser Stelle treten ein paar interessante volkskundliche Fragenkomplexe auf.
In der Regel orientieren sich die volkskundlichen Landschaften an der konfessionellen Zugehörigkeit. Die kleinste Einheit einer volkskundlichen Landschaft wäre also das Kirchspiel oder die Pfarre. Träfe das auch für Mähren zu, hätten auch die Dörfer mit tschechischer Mehrheit der im Schönhengst liegenden Pfarren die gleichen volkskundlichen Merkmale entwickelt, ebenso wie die tschechische Minderheit in den schönhengster Dörfern. Da die Tracht bekanntlich das auffälligste Merkmal einer volkskundlichen Gemeinschaft ist, liegt die Vermutung nahe, dass alle Personen einer Pfarre die gleiche Kleidung trugen. War das tatsächlich so? Folgt man der national geprägten Trachtenforschung, so bestand nicht nur in der Sprache, sondern auch in der Tracht eine deutliche Trennung der beiden Volksgruppen.
Welche Kleidung trugen die deutschen Minderheiten in tschechischen Dörfern außerhalb des Schönhengstes?
Wie konnte das Schönhengster Land, ohne jemals eine politische oder kirchliche Einheit gewesen zu sein, eine eigene Volkskunde entwickeln, da die Schönhengster, besonders in den Randbereichen, nie „unter sich waren“?
Reichte das ethnologische Merkmal „Sprache“ zur Ausbildung der volkskundlichen Merkmale?
Sind die volkskundlichen Gemeinsamkeiten der deutschen und tschechischen Bevölkerung in den Randbereichen jemals eingehend untersucht worden, oder hat man bei der ausschließlichen Betrachtung der deutschen Volkskunde die Gemeinsamkeiten mit den tschechischen Mitbürgern ausgeblendet?

Bei der aufmerksamen Lektüre von Jurendes Mährischem Wanderer bekommt man eine einfache Antwort auf diese Fragen [MVHSL, 1906, S. 57ff]:
Folgende Charakterzüge wurden an den Schönhängstlern bei Trübau entworfen. Kleidung, Sitten, Gebräuche sind in dem oben bezeichneten Bezirke gleich, nur die Sprache nicht überall, indem Ortschaften dazu gehören, wo auch
slawisch oder böhmisch gesprochen wird.“
Man darf also vermuten, dass die Kleidertracht der Dörfer einer Pfarre ungeachtet der Sprache für alle gleich war!






Deatil of a women’s costume


At the latest at this point occur some interesting folkloristic questions.
As a general rule, the ethnographic landscapes are based on confessional affiliation. The smallest unit of a folkloristic landscape would therefore, be the parish. Would this apply as well for Moravia, the villages with Czech majority of the Schönhengst parishes would have developed the same folkloristic characteristics, as well as the Czech minority in the Schönhengster villages. Since the costume is notoriously the most prominent feature of ethnographic community, it seems likely that all persons of a parish wore the same clothes. Was it really so? Following the nationally-oriented costume research, so was not only in language but also in the costume a clear separation of the two communities.
What clothes wore the German minority in the Czech villages outside the Schönhengst?
How could this Schönhengst country without ever having been a political or ecclesiastical unity, develop its own folklore, since the Schönhengster people, particularly in the peripheral areas, never "were among them"?
Handed the ethnological characteristic "language" for the formation of folkloristic features?
Have the ethnographic similarities between the German and Czech population ever been examined in detail in the peripheral areas, or have the similarities with the Czech citizens in the exclusive consideration of the German folklore been ignored?

The careful reading of Jurendes Mährischer Wanderer you get a simple answer to these questions [MVHSL, 1906, p 57ff]:
„The following characteristics were seen among the Schönhengster people near Trübau. Clothing, customs, habits are the same in the districts referred to above, only the language is not anywhere, as villages belong to this area where Slavic or Bohemian is spoken.“
It may be assumed therefore that the traditional costume of the villages of the parish, regardless of the language of all was the same!



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Schönhengster Brauttruhe aus dem Unterland (etwa 1850)

Die Trachten sind ein auffälliger Aspekt der volkskundlichen Landschaft, die sie repräsentieren, und so wurden auch die Schönhengster Trachten Gegenstand volkskundlicher Betrachtungen. Erste Darstellungen datieren aus dem frühen 19. Jahrhundert (1813, 1814).

Das volkskundliche Objekt selbst befindet sich heute in einem Spannungsfeld zwischen der modernen Volkskunde und den Trachtengruppen, die je nach Zielsetzung durchaus gegensätzliche Ansichten zu dem Thema haben, ohne sich oftmals intensiv mit einer Grundlagenforschung zu befassen.

Die historische Kleidung wird heute häufig sehr vereinfacht dargestellt. Sie wird auf die wesentlichen auffälligen Merkmale reduziert ohne dem Umstand Rechnung zu tragen, dass es in der Vergangenheit auch in einer Trachtenlandschaft viele verschiedene Möglichkeiten gab sich zu kleiden. Das resultiert meist aus der schlechten Quellenlage und der einseitigen Darstellung der festlichen Trachten in den musealen Sammlungen und in der Literatur. Daher bekommt die Tracht einen uniformen, statischen Charakter, den sie nie hatte. Sie unterlag, wenn auch mit einer ihr eigenen Dynamik, den jeweiligen Modeströmungen, Vorlieben und Abneigungen und den heute unerfindlichen Gründen für das Beibehalten alter Formen. So konnte die Entwicklung von bestimmten Kleidungsstücken bis zur karikaturhaften Erscheinung getrieben werden. Die Kleidung hing aber in erster Linie mit den wirtschaftlichen Verhältnissen, der sozialen Stellung und dem Alter des Trägers zusammen, aber auch mit den verschiedenen Anlässen und Gelegenheiten und nicht zuletzt mit der Verfügbarkeit oder dem Angebot der Materialien. Daran hat sich eigentlich bis heute wenig geändert, wenn wir einmal einen Blick in unseren eigenen Kleiderschrank werfen.
Die Grundlagenforschung ist heute nur noch unter erschwerten Bedingungen möglich, da als Folge der Vertreibung auch die volkskundlichen Objekte vor Ort weitestgehend verloren gingen. Der Zugang zu den musealen Sammlungen in Deutschland ist schwierig, da sie sich meist in kleinen Heimatstuben befinden und die Schönhengster Tracht in den großen Sammlungen der Museen keine bedeutende Rolle spielte. Das österreichische Museum für Volkskunde in Wien hat nur sehr wenige Stücke der Schönhengster Tracht, vornehmlich aus dem Landskroner Raum, im Mährischen Landesmuseum in Brünn befinden sich etwa 15 Kleidungsstücke aus dem Schönhengst und im Museum in Mährisch Trübau liegt eine kleine Sammlung von Tüchern und Schürzen. In der Literatur des 19. und insbesondere des 20. Jahrhunderts werden im Schönhengst das Ober- und das Unterland als Untergruppen unterschieden. Zum Oberland gehören im Wesentlichen die alten Herrschaften Zwittau und Landskron, zum Unterland Mährisch Trübau, Mürau und teile von Hohenstadt. Sprachlich stellt sich das Schönhengster Land allerdings wesentlich differenzierter dar, was besonders wieder die Randbereiche betrifft

© für alle Fotos: Jürgen Sturma, Minden

Schönhengster bridal chest (Unterland) abt. 1850


The costumes are a striking aspect of the folkloristic landscape that they represent, and so did the Schönhengster costumes become subject ethnological considerations. First representations date from the early 19th century (1813, 1814).

The ethnographic object itself is now in a tension between the modern folklore and the folklore groups that have quite depending on the objective opposing views on the subject, without often to deal intensively with a basic research.

Historical clothing is often depicted greatly simplified today. It is reduced to the essential salient features without taking the fact into account that also in a costume landscape many different ways existed in the past to dress. This results mostly from the poor sources and the one-sided presentation of the festive costumes in the museum collections and in the literature. Therefore, the dress gets a uniform, static character it never had. The costumes followed, surely with its own dynamic, the respective fashions, likes and dislikes and the now obscure reasons for maintaining old forms. Thus, the development of certain garments could be driven up to the caricature-like appearance. But the clothing depended primarily on the economic situation, social status and age of the carrier, but also on the various events and occasions, and not least with the availability or the offer of materials. This has actually not changed a lot, once we take a look in our own wardrobe.
Now basic research is only possible under difficult conditions, since as a result of the expulsion, the ethnographic objects went largely lost. Access to the museum collections in Germany is difficult because they are usually located in small Heimatstuben and Schönhengster costumes played no significant role in major museum collections. The Austrian Folklore Museum in Vienna has very few pieces of Schönhengster costumes, mainly from the Landskron area; in the Moravian Museum in Brno there are about 15 pieces of clothing from the Schönhengst and at the Museum in the Mährisch Trübau is a small collection of scarves and aprons. In the literature of the 19th and especially the 20th century, the upper and the lower country are distinguished as subgroups in the Schönhengst. The so called Oberland essentially include the former dominions Zwittau and Landskron, the Unterland the dominions Mährisch Trübau, Mürau and parts of Hohenstadt. Linguistically, the Schönhengst region is much more differentiated what particularly concerns the border areas

© for all photos: Jürgen Sturma, Minden