Schönhengster Tracht der Männer

Men’s costumes of the Schönhengst region

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Schönhengster Tracht aus dem Unterland - 2013 in Mährisch Trübau



Die bäuerliche Kleidung der Schönhengster Männer wurde nur lückenhaft beschrieben und erforscht, wie in vielen Trachtenlandschaften. Man hat in der Trachtenerneuerung des frühen 20. Jahrhunderts auf die erhaltenen Trachtenteile zurückgegriffen, wie fast überall und damit ein Bild der Kleidung geschaffen, dass nicht ganz den historischen Gegebenheiten entspricht. Die erneuerte Tracht hat sich dabei so sehr zum regionalen Erkennungsmerkmal entwickelt, dass die nach den historischen Quellen rekonstruierten authentischen Trachten als „fremd“ klassifiziert werden, und die Träger sogar von vermeindlichen Trachtenkennern zurechtgewiesen werden. Josef Hanika schreibt dazu [Mally, 1943]: Die Schönhengster Burschen haben sich auf trachtlicher Grundlage einen kleidsamen Anzug geschaffen, der sich gut zu den überlieferten Frauen- und Mädchentrachten fügt.
Insgesamt kann man feststellen, dass die Tracht der Schönhengster Männer in den älteren überlieferten Darstellungen und Abbildungen immer als ausgesprochen modisch (im zeitgenössischen Sinne) angesprochen werden kann, obwohl sie einige traditionelle Elemente bewahrte. Sie folgte dem bürgerlichen Vorbild in einigem Abstand, wie bei den bäuerlichen Trachten üblich und erreichte zum Ende des 18. Jahrhunderts nahezu das Niveau der bürgerlichen Mode. Im 19. Jahrhundert scheint es aber zu zwei unterschiedlichen Entwicklungen gekommen zu sein. Die Oberschicht kleidete sich wie gewohnt sehr modisch, aber bei weitgehender Aufgabe der traditionellen Elemente, während andere Bevölkerungsteile die Kleidungsformen des ausgehenden 18. Jahrhunderts weiter entwickelten und damit deutlich von der zu Beginn des 19. Jahrhunderts revolutionierten „Mode“ herausstachen.

Jurende beschreibt 1813 die „Schönhengstler“ aus dem Unterland, d.h. aus der Umgebung von Mährisch Trübau. Die Kleidung der Schönhengster Männer gibt er als recht einfach an und von uraltem Schnitt [MVHSL, 1906, S. 57ff]. Zumindest wird aus seinen Beschreibungen deutlich, dass die Kleidung „unmodern“ war und wenig Regionaltypisches hatte. Interessant ist aber, dass er auch die Bewohner der südlichen Böhmisch-Mährischen Höhe um Iglau herum als „Schönhengstler“ bezeichnet.

Hemd: Das Hemd war vermutlich aus Leinen. Über Schnitt und Auszier ist nichts überliefert.
Hose: Für die Schönhengster Männertracht wird im eine Lederhose erwähnt, die unter dem Knie endete. Zunächst waren die Hosen weiß, dann gelblich oder gelb. Die gelben Lederhosen wurden mit einem Band mit Quasten der gleichen Farbe zugebunden. Es werden auch schwarze Lederhosen beschrieben. Die Hosen hatten einen schmalen Hosenlatz. Unterschiede zwischen den Ober- und dem Unterland werden in diesem Zusammenhang nicht erwähnt.
Weste: Die Weste hatte einen kleinen Schoß und wurde mit einer Reihe silberner oder messingfarbener Knöpfe geschlossen. Andere Knöpfe sind nicht erwähnt, obwohl man davon ausgehen kann, dass für den täglichen Gebraucht auch andere Materialien Verwendung fanden, wie auch verschiedentlich überliefert ist. Die Weste hat eine Rückenpartie aus dem gleichen Oberstoff, da sie im Sommer ohne Mantel oder Jacke getragen wurde. Als „Galafarbe“ wird rot beschrieben; man muss also annehmen, dass auch andere Farben getragen wurden, wobei zu bedenken ist, was „Gala“ für den Bauern bedeutete. Hier wäre wohl in erster Linie an den Kirchgang, Hochzeit und andere hohe Feste und Gelegenheiten zu denken. Die Frage, ob auch ältere Männer eine rote Weste trugen, muss vorerst offen bleiben.
Jacke: Für die Jacke hatte den gleichen Schnitt, wie die Weste, nur eben mit langen Ärmeln. Es gilt daher das über die Weste Bemerkte. Sie wurde oft an Stelle des Rockes getragen, dessen Anschaffung recht kostspielig war. Genaue Angaben zum Schnitt der historischen Jacken fehlen bisher.
Rock: Der Rock hat den typischen Schnitt des ausgehenden 18. Jahrhunderts. Auffallend ist die tiefe Taille und die Betonung der unteren Körpermitte, was auch für die Weste zutrifft. Die Ärmel sind lang und zeigen den Rest des alten Ärmelaufschlages. Der Rock hat zwei waagrechten Scheintaschen mit Knöpfen unter dem Taschenklappen. Im Rücken ist eine offen Falte in der Mitte und beiderseits weitere tiefe, stoffreiche Falten, die mit Knöpfen besetzt sind. Es scheint, als hätte der Rock zu Beginn des 19. Jahrhunderts kein farbiges Futter gehabt. Jurende hebt besonders die „ganz hübschen kamelhaarenen“ Knöpfe am langen Rock hervor, die er Schnecken- oder Trudenfußknöpfe nennt. Nirgendwo sonst werden diese umsponnenen Knöpfe erwähnt. Es handelt sich dabei vermutlich um die übersponnenen und mit Kamelhaargarn eingefassten Knöpfe, die es in vielen Trachtenlandschaften gab. Ansonsten hatte der Rock Messingknöpfe oder die so genannten „Linaburger Silberknöpfe“, die mit floralen Mustern graviert waren, wie in den Trachtenlandschaften des nördlichen Niedersachsens und des Hamburger Raumes.
Zur Mitte des 19. Jahrhunderts änderte sich der Schnitt de Rockes. Das Futter erscheint jetzt als rotes Tuch. Die Taschen stehen jetzt senkrecht und die Knöpfe sind auf die Klappe gesetzt. Der Ärmelaufschlag ist weiter reduziert.
Im
Unterland werden die grünen Röcke bevorzugt, während im Oberland braune und blaue Röcke getragen werden.
Strümpfe: Die Strümpfe waren gestrickt und reichten bis zum Knie. In der Literatur des 20. Jahrhunderts ist von gestrickten Mustern die Rede, wie z.B. Zöpfen. Es ist zu vermuten, dass für die Strümpfe der Mode und dem Anlass entsprechend aus verschiedenen Materialien hergestellt wurden. Für die Zeit des späten 18. und frühen 19. Jahrhunderts wäre dann bevorzugt Leinen verwendet worden, später dann Wolle.


Men’s costume of the Schönhengst region - 2013 in Mährisch Trübau



The traditional folkloric clothing was described only patchy and not researched very well, like in many folkloric regions. During the costume renewal of the early 20th century one use what was still available, as almost everywhere and therefore an image of the clothes was created that not quite correspond to the historical facts. The renewed costumes have developed to a regional recognition feature so much, that the authentic costumes, which are reconstructed according to historical sources, are classified as "foreign", and the carriers are even rebuked by supposedly costume connoisseurs. Josef Hanika writes [Mally, 1943]: The Schönhengster fellows have created on the basis folkloristic sources a flattering suit that fits well to the traditional costumes of women and girls.
Overall, it can be stated that in the older traditional representations and pictures the costumes of the Schönhengster men have always be extremely fashionable (in the contemporary sense), although they kept some traditional elements. They followed the bourgeois model with some timely distance, as in the peasant costumes usual, reaching at the end of the 18th century almost the level of bourgeois fashion. But in the 19th century it seems to have come to two different developments. The upper class dressed as usual very fashionable, but in the substantial abandonment of traditional elements, while other parts of the population kept the clothing shapes of the late 18th century and therefore differed significantly from the „ revolutionized“ fashion from the beginning of the 19th century.

In 1813 Jurende describes „Schönhengster“ from the lowlands, i.e. from the area arround Mährisch Trübau [Jurende 1813]. The Schönhengster men's clothing he says is simple and from ancient cut. At least it is clear from his descriptions that costumes were "out of fashion" and had little regional characteristics. But it is interesting that he referred to the inhabitants of the southern Bohemian-Moravian Highlands around Iglau as well as "Schönhengstler".
Shirt: The shirt was moste likely made of linen. No information is available about cut and embroidery.
Trousers: For the Schönhengster men lederhosen are mentioned, which ended below the knee. First, the pants were white, then yellowish or yellow. The yellow leather pants were tied with a ribbon with tassels of the same color. Also described are black leather pants. The pants have a narrow codpiece. Differences between the upper and lower regions are not mentioned in this context.
Vest: The vest had a small lap in the back and a number of silver or brass-colored buttons. Other buttons are not mentioned, although it can be assumed that for daily use other materials were used. The vest has a back made from the same outer fabric, since it was worn in the summer without a coat or jacket. As a "Gala Color" red is mentioned; one must therefore assume that other colors were worn as well, bearing in mind what "Gala" meant for the farmers. Here you would think primarily of the church visit on Sundays, wedding and other celebrations and high occasions. The question of whether older men wore a red vest, must remain open for the time being.
Jacket: The jacket had the same cut as the vest, just with long sleeves. It therefore applies, what was already said on the vest. It was often worn instead of the coat, whose acquisition was quite expensive. Exact details of the cut of the historic jackets are still lacking.
Coat: The coat has the typical cut of the late 18th century. Striking is the low waist and emphasizing the lower midsection, which also applies to the vest. The sleeves are long and show the rest of the old sleeve surcharge. The coat has two horizontal pockets buttoned under the pocket flaps. In the back is an open fold in the middle and on both sides more deep-rich folds, which are staffed with buttons. It seems to have had no colored lining at the beginning of the 19th century. Jurende puts particular emphasis on the "very pretty camelhaired“ buttons on the long coat, which he calls snail- or „Trudenfuß“-buttons. Nowhere else these braided buttons are mentioned for the Schönhengster area. These are probably the braided buttons, that existed in many costume landscapes. The coat could have brass buttons or the so-called "Lina Burger silver buttons" that were engraved with floral patterns, as in the folkloristic areas of the northern landscapes of Lower Saxony and Hamburg.
Towards the middle of the 19th century, the cut of the coat changed. The lining now appears as red cloth. The pockets are now vertical and the buttons are placed on the flap. The cuff is further reduced.
In the Unterland the green coats are preferred, while brown and blue coats are worn in the Oberland.
Stockings: The stockings were knitted and reaching to the knees. In the literature of the 20th century knitted patterns are mentioned, such as cable pattern. It can be assumed that they were knitted according to the stockings of contemporary fashion and the availability of the materials. For the period of the late 18th and early 19th century linen threads were preferably used, and later wool.

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Strickmützen zur Schönhengster Männertracht - die Anleitung gibt es auf Anfrage


Kopfbedeckung: Auffällig ist ein breitrandiger Hut, der von den Trachtengruppen in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts getragen wurde. Bei genauerer Prüfung der Quellen entsteht ein anderes Bild. Es gab viele verschiedenen Kopfbedeckungen. Da wären zunächst die gestrickten Mützen. Sie waren aus hellem Garn mit bunten eingestrickten Mustern, wie sie aus den Trachtenbeschreibungen von Dittersbach und Blumenau im Oberland abgebildet werden. Sie wurden im Haus und bei der Arbeit getragen, auch von jungen Burschen. Die Filzhüte kommen als runde Hüte oder auch als Dreispitz vor. Auf einigen Abbildungen aus der Zeit um 1820 kann man sogar die hohen modischen Zylinder sehen.
Gürtel: Zu besonderen Gelegenheiten wurden von den Schönhengster Männern auch Ledergürtel getragen, die sogenannten „Beigürtel“, wie man auf verschiedenen Abbildungen gut erkennen kann. Sie werden auch in der Literatur erwähnt. In Mährisch Trübauer Schlossmuseum wird u,.a. auch ein solcher Gürtel gezeigt. Die Verbreitung war also nicht auf das Oberland beschränkt, sondern die Beigürtel kamen auch im Unterland vor. Diese Beigürtel oder Ranzen wurden vermutlich von Reisen nach Österreich mitgebracht, denn nach den erhaltenen Mustern zu urteilen, wurden einige der Gürtel im Mühlviertel gefertigt. Immer aber waren sie Ausdruck von Wohlstand, denn auch schon damals war ihre Anschaffung kostspielig. Die Muster werden mit Federkielen von Pfauenfedern in das Leder hineingestickt. Meist sind diese Gürtel nicht personalisieret, d.h. sie haben kein Monogramm oder eine Jahreszahl, da sie als „Handelsware“ aus Österreich mitgebracht wurden und keine individuellen Aufträge des späteren Besitzers an den Federkielsticker waren.


Knitted Hats for Schönhengster men's costume - the instruction is available on request

Headwear: Noticeable is a broad-brimmed hat, which was worn by folklore groups in the first half of the 20th century. Upon closer examination of the sources a different picture arises. There were many different headgear. There are the knitted hats. They were made of light yarn with colored knitted patterns as they are seen in the costume descriptions of Dittersbach and Blumenau in the Oberland. They were worn at home and at work, also of young lads. The fedoras occur as round hats or as a three-cornered hat. Some illustrations from the period around 1820 even show the high cylinder, which was very fashionable those days.
Belt: On special occasions the Schönhengster men wore a leather belt, the so-called "Beigürtel", as can be seen well on different pictures. They are also mentioned in the literature. In the Museum in Mährisch Trübau is amongst others such a belt shown in the exhibition. The distribution was therefore not limited to the Oberland, but the Beigürtel occurred also in the Unterland. This Beigürtel or knapsack were probably brought back from trips to Austria, because judging by the samples obtained, some of the belts were manufactured in Upper Austria. Always, however, they were an expression of prosperity, because even then their acquisition was costly. The patterns are in embroidered with quills of feathers in the leather. Most of these belts are not personalized, i.e. they do not have a monogram, or a year, because they were brought as a „goods“ from Austria and no individual order of the future owner.

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Beigürtel der Schönhengster Männertracht



Leather belt of the Schönhengster men’s costume

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Im September 2013 in Mährisch Trübau anlässlich der Deutsch-Tschechischen Kulturtage
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September 2013 in Mährisch Trübau during the German Czech Cultural Event